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"Jekyll & Hyde"

Meiner Meinung nach war ein Musical gut, wenn man aus der Vorstellung rausgeht und ein Lied im Kopf hat. Ich erinnere mich noch heute an eine Kaiserin, die nur sich selbst gehört oder an Sarah, die gerne den lockenden, blutsaugenden Lebend - Toten folgen möchte. Doch aus Jekyll & Hyde nahm ich mehr mit.
Henry Jekyll


Angesiedelt ist die Geschichte in London im Jahr 1885 :
Dr. Henry Jekyll, ein junger, aufstrebender Arzt, steht kurz vor der Verlobung mit seiner großen Liebe Lisa Carew. Mutig geworden durch den Tod seines Vaters, der dem Wahnsinn verfiel, und der Ablehnung der feinen Gesellschaft Londons, sein rettendes Medikament an Menschen zu versuchen, wagt er das Experiment :
Er injiziert sich sein Elixier JH7 selbst. Die Wirkung ist unerwartet, er setzt sein unberechenbares Ich, Edward Hyde, frei.
Nun beginnt das große Zittern in der noblen Gesellschaft: Ein Mörder geht um in London. Bischöfe gehen in Flammen auf, Gegenspieler werden aufgespießt oder vor Züge gestoßen und feine Damen mit ihren Perlenketten erdrosselt.

Hyde gewinnt immer mehr die Oberhand über Jekyll, Lisa vergeht vor Sorge und Jekyll's bester Freund John Utterson, merkt immer mehr, das etwas nicht stimmt.
Und da ist noch Lucy, ein Mädchen der Nacht, das sich von Jekyll's Freundlichkeit und Hyde's animalischem Wesen angezogen fühlt.
Als John seinen Freund im Labor besucht, erfährt er die ganze schreckliche Wahrheit. Das Experiment ist fehlgeschlagen; Jekyll hat Hyde nicht mehr unter Kontrolle. In einem Schreiben ersucht er Lucy die Stadt zu verlassen, da er fürchtet, sie könnte ein Opfer von Hyde's Gier werden. Doch es ist zu spät ! Gerade als Lucy's Entschluss feststeht, ihr Leben neu zu beginnen, besucht Hyde sie ein letztes Mal und ersticht sie. Den letzten Freundschaftsdienst, den John Henry erweisen kann, ist ihn durch den Tod zu erlösen. Er erschießt Henry, als dieser sich bei seiner Hochzeit in Edward Hyde verwandelt. Dr. Henry Jekyll stirbt in Lisa's Armen.
Außer der Geschichte ist die Musik des Musicals von Frank Wildhorn und Leslie Bricusse sehr mitreißend und in der Wiener Inszenierung mit tollen Effekten und einem grandiosen Bühnenbild ausgestattet. Zum wirklichen Erlebnis wird es jedoch erst mit den Darstellern und mit der Besetzung der Titelrolle: Thomas Borchert.
Er versteht es mit seiner Stimme die Leiden des guten Jekyll und des bösen Hyde darzustellen, mit seiner Mimik gekonnt den zurückhaltenden Arzt und die gierige Bestie zu vermitteln. Möchte man jetzt lieber den Vertrauenserweckenden trösten oder sich dem unbekannten Fürchterlichen anvertrauen? Der Zuschauer kann die innere Zerrissenheit förmlich spüren ! Einzigartig, wie er gnadenlos alle Register der Rhetorik zieht und sie gekonnt und zum richtigen Zeitpunkt einsetzt. Auch wenn er einfach nur auf der Bühne steht und nichts sagt, drückt er damit unsagbar viel aus. In Sekundenbruchteilen schafft er die Verwandlung des smarten, Londoner Bürgers in ein brutales Ungeheuer. Der Zuschauer fragt sich, ist das noch der selbe Mann, der da wie ein Tier die Stufen raufkriecht, einmal zärtlich/schüchtern die Hand seiner Verlobten küsst und nur Momente später fordernd die weiblichen Rundungen einer Hure erforscht. Thomas Borchert schafft es in der Rolle perfekt Dr. Henry Jekyll's Forscherdrang nach dem Unbekannten darzustellen; seine Zurückhaltung, Freundlichkeit, kurz sein Gentlemanlikes Wesen rüberzubringen. Er schafft es aber auch genauso perfekt Edward Hyde's Gier, seine Mordlust, die schmale Gratwanderung zwischen Schmerz und Lust zu vermittelt und er schafft es nicht zuletzt perfekt, beide unterschiedlichen Charaktere zu einer Person zu verbinden.

Und das ist es, was ich aus Jekyll & Hyde mitnahm: Bewunderung für eine einzigartige, mal gefühlvolle, mal furchteinflößende Stimme; Respekt vor einer großartigen Leistung, eine Darstellung, für die ich nicht die passenden, lobenden Worte finde; unzählige Fragen im Kopf - Wie schafft es ein Mann, so präsent auf der Bühne zu sein? Wie, den Zuschauer bis in den letzten Rang hinauf mit seiner Stimme zu fesseln? Aus diesem Musical nahm ich die Bewunderung für einen Künstler mit nach Hause. Denn während Thomas Borchert "Dies ist die Stunde" sang, war es nicht nur Jekyll's & Hyde's Stunde, sondern auch meine: Ich wurde sein Fan !

Geschrieben von Silvia Wachsmann