"Jekyll & Hyde"
Hyde gewinnt immer mehr die Oberhand über Jekyll, Lisa vergeht vor Sorge und Jekyll's bester Freund John Utterson, merkt immer mehr, das etwas nicht stimmt.
Und da ist noch Lucy, ein Mädchen der Nacht, das sich von Jekyll's Freundlichkeit und Hyde's animalischem Wesen angezogen fühlt.
Als John seinen Freund im Labor besucht, erfährt
er die ganze schreckliche Wahrheit. Das Experiment ist fehlgeschlagen; Jekyll hat Hyde nicht mehr unter Kontrolle. In einem Schreiben ersucht er Lucy die Stadt zu verlassen, da er
fürchtet, sie könnte ein Opfer von Hyde's Gier werden. Doch es ist zu spät ! Gerade als Lucy's Entschluss feststeht, ihr Leben neu zu beginnen, besucht Hyde sie ein letztes Mal und
ersticht sie. Den letzten Freundschaftsdienst, den John Henry erweisen kann, ist ihn durch den Tod zu erlösen. Er erschießt Henry, als dieser sich bei seiner Hochzeit in Edward Hyde
verwandelt. Dr. Henry Jekyll stirbt in Lisa's Armen.
Außer der Geschichte ist die Musik des Musicals von Frank Wildhorn und Leslie Bricusse sehr mitreißend und in der Wiener
Inszenierung mit tollen Effekten und einem grandiosen Bühnenbild ausgestattet. Zum wirklichen Erlebnis wird es jedoch erst mit den Darstellern und mit der Besetzung der Titelrolle:
Thomas Borchert.
Er versteht es mit seiner Stimme die Leiden des guten Jekyll und des bösen Hyde darzustellen, mit seiner Mimik gekonnt den zurückhaltenden Arzt und die gierige
Bestie zu vermitteln. Möchte man jetzt lieber den Vertrauenserweckenden trösten oder sich dem unbekannten Fürchterlichen anvertrauen? Der Zuschauer kann die innere Zerrissenheit
förmlich spüren ! Einzigartig, wie er gnadenlos alle Register der Rhetorik zieht und sie gekonnt und zum richtigen Zeitpunkt einsetzt. Auch wenn er einfach nur auf der Bühne steht und
nichts sagt, drückt er damit unsagbar viel aus. In Sekundenbruchteilen schafft er die Verwandlung des smarten, Londoner Bürgers in ein brutales Ungeheuer. Der Zuschauer fragt sich,
ist das noch der selbe Mann, der da wie ein Tier die Stufen raufkriecht, einmal zärtlich/schüchtern die Hand seiner Verlobten küsst und nur Momente später fordernd die weiblichen
Rundungen einer Hure erforscht. Thomas Borchert schafft es in der Rolle perfekt Dr. Henry Jekyll's Forscherdrang nach dem Unbekannten darzustellen; seine Zurückhaltung, Freundlichkeit,
kurz sein Gentlemanlikes Wesen rüberzubringen. Er schafft es aber auch genauso perfekt Edward Hyde's Gier, seine Mordlust, die schmale Gratwanderung zwischen Schmerz und Lust zu vermittelt
und er schafft es nicht zuletzt perfekt, beide unterschiedlichen Charaktere zu einer Person zu verbinden.
Geschrieben von Silvia Wachsmann